Dieser Artikel wurde ursprünglich für unseren Schweizer Markt verfasst, es können Schweizer Referenzen im Text vorkommen.
Wir von Inyova haben mit Dr. Dorothea Baur, Expertin im Bereich Verantwortung, Nachhaltigkeit und Ethik über das Thema ökologische Investments gesprochen und wollten von ihr wissen, wie Dein Geld die Welt verändern kann.
Frau Dr. Baur berät Unternehmen, Stiftungen und NGOs. Neben vielen verschiedenen anderen Mitgliedschaften, beratenden Tätigkeiten und Engagements im Bereich nachhaltige Anlagen ist Dorothea Baur unabhängige Ethikbeauftragte der Alternativen Bank Schweiz und Associate beim Institute for Social Banking.
Frau Dr. Baur, wie kamen Sie dazu, sich mit dem Thema Impact Investing zu beschäftigen und fokussieren Sie sich auf eine bestimmte Art von Impact Investing?
In meiner langjährigen Forschungs- und Lehrtätigkeit im Bereich Wirtschaftsethik, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung habe ich den Finanzsektor nur am Rande gestreift. Das hat sich schlagartig geändert als ich mich vor vier Jahren als Beraterin selbständig machte: Dabei wurde mir bewusst, dass sich gerade im traditionell eher konservativen Finanzsektor spannende Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt ereignen. Unter der Vielzahl an nachhaltigen Anlagestrategien sticht für mich Impact Investing hervor, weil es ein besonders pointiertes Bekenntnis dazu ist, Anlagen nicht nur aufgrund finanzieller Kriterien zu tätigen.
Ich fokussiere mich nicht auf eine bestimmte Art von Impact Investing, sondern vermittle meinen Kunden Orientierung zur gesamten Palette an nachhaltigen Anlagestrategien. Für mich steht im Vordergrund, dass Investoren ihre Anlagen in Übereinstimmung mit ihren persönlichen Werten tätigen. Dadurch, dass Impact Investing einen aktiven Entscheid für etwas verlangt, erlaubt es eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den persönlichen Werten und es ist deshalb für mich als Ethikberaterin besonders spannend.
Was sind für Sie die grössten Unterschiede von ökologisch-ethischen Anlagen zu den herkömmlichen Ansätzen?
Herkömmliche Ansätze orientieren sich in erster Linie am finanziellen Ertrag. Ökologisch-ethische Anlagen nehmen den Ertrag nie als einziges Kriterium, sondern fokussieren eben immer auch auf Nachhaltigkeit.
Wie stark nicht-finanzielle Kriterien gewichtet werden, hängt von der Art der Anlage, respektive von der Überzeugung des Investors ab. Das Spektrum erstreckt sich von relativ lockeren Minimalbedingungen, wo es genügt, wenn Unternehmen sich zu einem eher rudimentären globalen Rahmenwerk wie dem UNO Global Compact bekennen, bis hin zur Priorisierung von ökologischem oder sozialem Impact gegenüber finanziellen Resultaten.
Mit Ihrer Erfahrung: Wie schätzen Sie die Erträge von ökologischen Investments ein? Können Anleger mit grünen Investments genauso viel Ertrag erzielen wie mit altbewährten Geldanlagen?
Wie bei allen Fragen, hinter denen handfeste Interessen stecken, gibt es auch zu diesem Thema unzählige Studien, die auf unterschiedlichen Methoden beruhen und unterschiedliche Resultate generieren. Es herrscht aber mittlerweile ein relativ breiter Konsens, dass grüne Investments nicht schlechter performen als konventionelle Anlagen. Trotzdem ist die Diskussion längst nicht abgeschlossen. Gerade die Verluste an der Börse zum Jahresende 2018 haben einige Artikel hervorgebracht, die besonders genau auf die Performance von nachhaltigen Anlagen in diesem widrigen Marktumfeld achteten. Börsenkrisen stellen ein besonderes Risiko und einen Härtetest für nachhaltige Aktien und Fonds dar. Ich gehe davon aus, dass gerade ökologische Anlagen aufgrund des Klimawandels mittelfristig einen klaren Ertragsvorteil haben.
Sehen Sie in nachhaltigen Anlageformen eine echte Chance für die ökologische Wende oder ist es für Sie eher ein Trend – Stichwort Greenwashing?
Wie bereits oben angedeutet, gibt es eine sehr grosse Varianz unter den einzelnen als nachhaltig gelabelten Anlageformen. Dass gewisse Kritiker hinter jeder Abweichung von reiner Gewinnorientierung Greenwashing wittern, ist nichts Neues, sondern beispielsweise aus der Debatte über die soziale Verantwortung von Unternehmen hinlänglich bekannt.
Auch wenn Greenwashing-Befürchtungen oft sehr pauschal und reflexartig vorgebracht werden, sind sie aber nicht vollkommen unbegründet. In jedem boomenden Markt – und der nachhaltige Anlagemarkt gehört dazu – gibt es Trittbrettfahrer, die sich mit einem Label schmücken, ohne ihr Verhalten zu ändern.
Inzwischen wurde das Problem aber sowohl von Anlagekunden als auch von Medien und der Politik erkannt. Die Tatsache, dass nun die EU mit einer hochrangigen Expertengruppe für eine nachhaltige Finanzwirtschaft unter anderem eine Taxonomie, also ein Klassifizierungssystem, erarbeitet, um Marktklarheit darüber zu schaffen, was „nachhaltig“ ist und was nicht, zeugt davon, dass nachhaltige Anlagen kein kurzfristiger Trend sind, sondern auf höchster Ebene ernstgenommen werden. Wenn man ausserdem liest, dass alleine zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der UNO (SDGs) 5 Billionen Euro fehlen, welche ohne das Engagement von privaten Impact Investoren nicht gedeckt werden können, wird deutlich, dass wir es uns schlichtweg nicht leisten können, das Ganze als bloss vorübergehenden Trend zu behandeln.
Welche Rolle werden ökologische Investments und Nachhaltigkeit Ihrer Meinung nach in Zukunft im Finanzbereich spielen?
Genau wie in anderen Bereichen wird Nachhaltigkeit auch im Finanzbereich vermehrt zu einem integralen Bestandteil, der nicht einfach nur nebenbei thematisiert wird, sondern standardmässig bei allen Entscheiden berücksichtigt wird. Dafür gibt es verschiedene Treiber: zum einen das gestiegene Bewusstsein unter Anlegern, also die Nachfrage, zum anderen das breitere Angebot, das gerade auch durch neue Technologien für alle zugänglich ist.
Beschleunigt wird der Prozess, wie oben erwähnt, durch die Tatsache, dass das Thema von Regulatoren auf nationaler und internationaler Ebene aufgegriffen wird. Allerdings ist es weder machbar noch wünschenswert, Nachhaltigkeit im Finanzbereich allein über Regulierung voranzutreiben. Anleger sollen nicht einfach blind auf gesetzliche Vorgaben vertrauen. Denn letztlich liegt Nachhaltigkeit, egal in welchem Bereich, immer auch in der Verantwortung des Einzelnen. Diese wahrzunehmen, bedeutet, sich immer auch kritische Gedanken zu machen.
Dr. Dorothea Baur
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