Erläuterung zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen gem. der Finanzmarktrichtlinie

1. Einleitung

Die Vereinten Nationen haben 17 Entwicklungsziele, die sogenannten Global Goals, für eine nachhaltige Entwicklung definiert. Zur Erreichung dieser Ziele will die Europäische Union auch die Finanzdienstleistungsindustrie in die Pflicht nehmen.

Die Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit wird unter dem Stichwort ESG geführt. Auch wirtschaftliche Tätigkeiten sollen diesen Zielen der Ökologie, der sozialen Gerechtigkeit und den Prinzipien der guten Unternehmensführung (Good Governance) dienen. Unternehmen gelten als nachhaltig, wenn sie durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit versuchen, diese Ziele zu erreichen.

Die EU verpflichtet Institute, bei ihren Kund*innen deren Präferenzen zu Fragen der Nachhaltigkeit abzufragen. Die Nachhaltigkeitspräferenz ist Deine Entscheidung, ob und inwieweit Du Finanzinstrumente, die Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen, in Deiner Vermögensanlage berücksichtigen willst. Dazu sieht Art. 2 Nr. 7 der Verordnung (EU) 2017/565 mehrere Alternativen vor. Wir erlauben uns, Dir die zur Auswahl stehenden Nachhaltigkeitspräferenzen nachfolgend zu erläutern.

2. Die Nachhaltigkeitspräferenzen

Die EU möchte Dir die nachfolgenden Nachhaltigkeitspräferenzen zur Auswahl anbieten:

2.1. Nachhaltigkeit entsprechend der Taxonomieverordnung

Die strengste Nachhaltigkeitspräferenz ist die nach Art. 2 Nr. 7 a) DV 2017/565. Dadurch kannst Du bestimmen, ob ein Mindestanteil in ökologisch nachhaltige Investitionen im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2020/852 angelegt werden soll. Das sind Finanzinstrumente, die der Taxonomieverordnung entsprechen, d.h. dem Regelwerk der EU zur Definition ökologischer Investments. Das sind Wirtschaftstätigkeiten, die einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines der Umweltziele nach Art. 9 der Taxonomieverordnung leisten und keine erhebliche Beeinträchtigung der anderen Umweltziele mit sich bringen.

Durch die sogenannte Taxonomie soll festgelegt werden, welche wirtschaftliche Tätigkeit als nachhaltig/ökologisch eingestuft werden darf. Es werden 6 Umweltziele definiert:

Klimaschutz
Anpassung an den Klimawandel
Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Nach der Taxonomieverordnung wird eine Wirtschaftstätigkeit durch ein Unternehmen dann als ökologisch eingestuft, wenn sie mindestens eines der oben genannten sechs Umweltziele wesentlich fördert und die anderen Umweltziele nicht wesentlich beeinträchtigt.

Die technischen Einzelheiten werden durch sogenannte delegierte Rechtsakte definiert. Diese delegierten Rechtsakte sind noch nicht abschließend beschlossen und noch in der politischen Diskussion. Entwürfe liegen aber bereits vor. Zum Beispiel gilt die Personenbeförderung durch Busse als ökologisch, wenn die dazu eingesetzten Fahrzeuge keine direkten CO2-Abgas-Emissionen verursachen. Solche Definitionen gelten auch für Produktionsprozesse, z.B. darf für die Herstellung von flüssigem Roheisen, nicht mehr als 1,331112 t CO2-Äq pro Tonne emittiert werden.

Um den Ansprüchen der Taxonomie zu genügen müssen Unternehmen sicherstellen, dass die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, einschließlich der Grundprinzipien und Rechte aus den 8 Kernübereinkommen, die in der Erklärung der internationalen Arbeitsorganisation über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit festgelegt sind, und aus der internationalen Charta der Menschenrechte, befolgt werden.

Laut MiFID II würden die Maßstäbe aus der Taxonomie für Dich ein höchstmögliches Maß an Nachhaltigkeit sicherstellen. Die Problematik der Taxonomie liegt zum gegenwärtigen Stand im Sommer 2022 darin, dass grundlegende politische Entscheidungen noch nicht gefällt sind. Dies gilt z.B. für die Frage der Einstufung der Kernenergie oder der Gaswirtschaft. Diese Diskussion kannst Du in den Medien verfolgen. Zudem stehen Regularien aus, welche die Unternehmen verpflichten, zu berichten, inwieweit ihre wirtschaftliche Tätigkeit der Taxonomie entspricht. Erste Schritte dahingehend werden gegenwärtig unternommen, sind aber noch nicht abgeschlossen. Zum jetzigen Stand im Sommer 2022 müssen wir davon ausgehen, dass der Anteil an Unternehmen, die entsprechend der Taxonomie tätig sind, bei deutlich unter 10 % liegt.

Für Inyova ist es daher gegenwärtig noch nicht möglich, Dir ein risikoadjustiertes und diversifiziertes Portfolio aus Finanzinstrumenten von Emittenten zusammenzustellen, die entsprechend dem Regelwerk der europäischen Taxonomie produzieren.

2.2. Nachhaltigkeit entsprechend der Offenlegungsverordnung

Die zweite Nachhaltigkeitspräferenz, die Du wählen kannst, sind Finanzinstrumente, bei denen Du bestimmst, dass ein Mindestanteil in nachhaltige Investitionen im Sinne von Artikel 2 Nummer 17 der Verordnung (EU) 2019/2088, der sog. Offenlegungsverordnung, angelegt werden sollen.

Das sind wirtschaftliche Tätigkeiten, die zur Erreichung eines Umweltziels beitragen, gemessen beispielsweise an Schlüsselindikatoren für Ressourceneffizienz bei der Nutzung von Energie, erneuerbarer Energie, Rohstoffen, Wasser und Boden, für die Abfallerzeugung und Treibhausgasemissionen oder für die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Kreislaufwirtschaft, oder eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit, die zur Erreichung eines sozialen Ziels beiträgt, insbesondere eine Investition, die zur Bekämpfung von Ungleichheiten beiträgt oder den sozialen Zusammenhalt, die soziale Integration und die Arbeitsbeziehungen fördert oder eine Investition in Humankapital oder zugunsten wirtschaftlich oder sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen, vorausgesetzt das auch Grundsätze guter Unternehmensführung angewendet werden.

Wählst Du als Kunde diese Nachhaltigkeitspräferenz, würdest Du Dich laut MiFID 2 für eine mittlere Stufe an Nachhaltigkeit entscheiden. Die Problematik dieser Nachhaltigkeitspräferenz ist leider eine ganz ähnliche, wie die oben dargestellte zu den Finanzinstrumenten, die der Taxonomieverordnung entsprechen sollen. Es fehlen regulatorische Definitionen und es ist schwierig, eine genaue Abgrenzung der jeweiligen wirtschaftlichen Tätigkeiten vorzunehmen, welche dieser Vorgabe entsprechen sollen. Die in der Vorschrift genannten Schlüsselindikatoren sind gesetzlich nicht definiert und müssen in der Praxis erst noch entwickelt werden. Zum heutigen Stand im Sommer 2022 ist diese Normierung noch kaum entwickelt. Zudem sind die Unternehmen zum heutigen Stand im Sommer 2022 noch nicht verpflichtet, entsprechend der genannten Schlüsselindikatoren zu berichten und in ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung fehlen überwiegend noch Äußerungen zu den Schlüsselindikatoren.

Für Inyova ist es daher zum gegenwärtigen Stand im Sommer 2022 noch nicht möglich, die wirtschaftliche Tätigkeit von Emittenten eindeutig dieser Nachhaltigkeitspräferenz zuzuordnen.

Wir glauben allerdings, dass unsere Bewertung der Unternehmen beim Handabdruck weitestgehend dieser Definition entspricht. Darüber hinaus nutzen wir bezüglich der Grünen Anleihen einen ETF, der sich als Artikel 9 klassifiziert und somit auch angibt, dieser Kategorie zu entsprechen.

2.3. Nachhaltigkeitspräferenz durch Berücksichtigung von Principle Adverse Impact (PAI) Indikatoren

Die dritte Nachhaltigkeitspräferenz ist die Entscheidung von Dir, Finanzinstrumente zu berücksichtigen, welche die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen, wobei die qualitativen oder quantitativen Elemente, mit denen diese Berücksichtigung nachgewiesen werden, von den (potentiellen) Kund*innen bestimmt wird. Definitionen hierzu findest Du in Art. 4, 6 und 7 der Offenlegungsverordnung.

Die nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren werden anhand sogenannter Nachhaltigkeitsindikatoren bestimmt. Diese Nachhaltigkeitsindikatoren sind

  • Treibhausgasemissionen,
  • CO2-Fußabdruck,
  • die generelle Treibhausgasemissionsintensität eines Unternehmens,
  • Engagement des Unternehmens im Bereich der fossilen Brennstoffe,
  • Anteil des Energieverbrauchs und der Energieerzeugung aus nicht erneuerbaren Energiequellen,
  • Intensität des Energieverbrauchs nach klimaintensiven Sektoren,
  • Beeinträchtigung von Gebieten mit schutzbedürftiger Biodiversität,
  • Wasserbrauch eines Unternehmens,
  • Anteil gefährlicher und radioaktiver Abfälle,
  • Verstöße gegen die UNGC-Grundsätze und gegen die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen,
  • fehlende Compliance Prozesse und Mechanismen zur Einhaltung der UNGC-Grundsätze und der OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen,
  • geschlechterspezifisches Verdienstgefälle,
  • Geschlechtervielfalt in den Leitungs- und Kontrollorganen,
  • Engagement in umstrittene Waffen (Anti-Personenminen, Streumunition, chemische und biologische Waffen)

Die deutsche Kreditwirtschaft, der deutsche Derivateverband und der Bundesverband der Investmentunternehmen haben ein Verbändekonzept vorgelegt, um Finanzinstrumente anhand dieser Indikatoren zu clustern. Als Unternehmen, welche wesentliche PAI-Indikatoren berücksichtigen, werden Unternehmen definiert, die eine dezidierte ESG-Strategie mit Berücksichtigung der Standard-PAI-Indikatoren zu Umwelt- und/oder Sozialthemen verfolgen. Zusätzlich müssen diese Unternehmen Mindestausschlüsse berücksichtigen. Diese Mindestausschlüsse bedeuten:

Für Unternehmen:

  • Rüstungsgüter über 10% (geächtete Waffen über 0%)
  • Tabakproduktion über 5%
  • Kohle über 30%
  • Schwere Verstöße gegen UN Global Compact (ohne angemessene Gegenmaßnahmen):
    • Schutz der internationalen Menschenrechte
    • Keine Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen
    • Wahrung der Vereinigungsfreiheit und des Rechts auf Kollektivverhandlungen
    • Beseitigung von Zwangsarbeit
    • Abschaffung der Kinderarbeit
    • Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung und Erwerbstätigkeit
    • Vorsorgeprinzip im Umgang mit Umweltproblemen
    • Förderung größeren Umweltbewusstseins
    • Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien
    • Eintreten gegen alle Arten von Korruption

Für Staatsanleihenemittenten keine schwerwiegenden Verstöße gegen Demokratie- und Menschenrechte.

Zudem müssen die Emittenten zur Umsetzung von Praktiken guter Unternehmensführung einen anerkannten Branchenstandard für sich akzeptieren, in Deutschland z.B. den deutschen Corporate Governance Kodex.

3. Deine Entscheidung

Du bist nicht verpflichtet, Dich für eine der oben dargestellten Nachhaltigkeitspräferenzen zu entscheiden. Wir sind als Anbieter bemüht, Dir ein Angebot unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen unterbreiten zu können. Bitte berücksichtige dabei, dass wir zum gegenwärtigen Stand noch nicht auf eine ausreichende Datengrundlage von Unternehmen zurückgreifen können. Erst in Zukunft werden Unternehmen verpflichtet werden, in ihrer nicht finanziellen Berichterstattung detaillierte Angaben zum Anteil ihrer Investition und ihrer Umsätze in wirtschaftlichen Tätigkeiten zu machen, die z.B. der Taxonomieverordnung entsprechen. Diese Verpflichtungen werden nur größere Unternehmen treffen, nicht aber kleinere und mittlere Unternehmen. Diese werden wahrscheinlich nur zu einer eingeschränkten Berichterstattung verpflichtet. Das gleiche gilt für staatliche oder supranationale Emittenten.

Inyova kann daher keine Gewährleistung für die Erreichung Deiner Nachhaltigkeitsziele übernehmen.

 

 

 

Close icon

Wähle Deine Sprache und Dein Land aus

Wähle das Land Deines Wohnsitzes, um mehr über unser Angebot für Dich zu erfahren.